Im zweiten Teil des Lemmas handelt es sich um eine Umkehrung der Aussage des ersten Teils, jedoch nur unter einer bestimmten Bedingung: die Folge \( A_1, A_2, ... \) muss unabhängig sein. Formal:
Es seien \( A_1, A_2,... \) stochastisch unabhängige Ereignisse in einem Wahrscheinlichkeitsraum \( (\Omega, \mathcal{A}, \mathbb{P}) \). Dann gilt
Divergiert also die Reihe über die Einzelwahrscheinlichkeiten der \( A_n \) und sind diese stochastisch unabhängig, dann ist die Wahrscheinlichkeit des \( \limsup \) gleich \( 1 \).
Für \( x \geq 0 \) gilt:
Ferner verwenden wir im anschließenden Beweis wieder die Mengenschreibweise des \( \limsup \):
Zu guter Letzt sei noch an die Stetigkeit von oben des Wahrscheinlichkeitsmaßes erinnert:
Die Idee des Beweises beruht im Wesentlichen auf 3 Schritten
Wir verwenden zunächst die Abschätzung durch die \( e \)-Funktion aus \( \eqref{exp} \) und setzen \( x := \mathbb{ P }(A_k) \), damit folgt
Als nächstes betrachten wir, was mit dieser Ungleichung passiert, wenn wir ein Produkt über die \( A_k \) bilden. Für \( n \leq s \) gilt dann
Wegen dieser Ungleichung gilt dann aber auch
Da wir auf der linken Seite ein Produkt über Wahrscheinlichkeiten bilden und Wahrscheinlichkeiten immer \( \geq 0 \) sind, haben wir somit eine obere Schranke
Nun betrachten wir den rechten Teil der Ungleichung: da nach Voraussetzung \( \sum\limits_{n =1}^\infty \mathbb{P}(A_n) = \infty \), muss für \( s \longrightarrow \infty \) auch das \( n \)-Stück der Reihe \( \sum_\limits{k=n}^s \mathbb{ P }(A_k) \) divergieren, wir haben also
Damit muss aber auch das Produkt gegen \( 0 \) gehen, da sich der Ausdruck in der Mitte sonst nicht zwischen \( 1 \) und \( 1 - 0\) einklemmen lässt:
Damit wäre der 1. Punkt der Beweisidee abgeschlossen und wir können mit den letzten beiden Punkten fortfahren: wir werden dazu das Gegenereignis \( 1 - \mathbb{P}(\limsup\limits_{n \rightarrow \infty} A_n)\) betrachten und zeigen, dass dieses \( 0 \) ist.
Dafür betrachten wir zunächst die Mengenschreibweise des \( \limsup \) aus \( \eqref{limsup} \) etwas genauer und definieren uns die Mengenfolge
Es gilt \( B_n \downarrow \) in \( n \), denn mit zunehmendem \( n \) vereinigen wir immer weniger Mengen. Mit dieser Folge \( B_n \) und der Stetigkeit von oben \( \eqref{stetig} \) erhalten wir nun
Nun setzen wir für \( B_n \) wieder den ursprünglichen Ausdruck ein und ziehen den Limes heraus:
Hier können wir nun jedoch wieder die Stetigkeit von oben einsetzen, nämlich wie folgt
Mit wachsendem \( \color{royalblue}{s} \) werden hier nämlich mehr Schnitte gebildet, womit wir insgesamt aber wieder eine absteigende Mengenfolge haben.
An dieser Stelle kommt nun die Unabhängigkeit der Ereignisse ins Spiel (für unabhängige Ereignisse gilt darüber hinaus, dass auch deren Komplemente unabhängig sind). Die Wahrscheinlichkeit des Schnittes wird zum Produkt der Wahrscheinlichkeiten:
Nun verwenden wir hier wieder die alternative Schreibweise des Komplements der Wahrscheinlichkeit
Die Wahrscheinlichkeit dieses Produkts für \( s \longrightarrow \infty \) haben wir jedoch in \( \eqref{abschaetzung} \) durch unsere Abschätzung mit der \( e \)-Funktion bereits bestimmt und festgestellt, dass diese gegen 0 geht. Somit haben wir es hier mit einer \( 0 \)-Folge zu tun
Der Beweis ist somit erbracht: Ausgehend von der divergenten Reihe \( \sum\limits_{n =1}^\infty \mathbb{P}(A_n) = \infty \) haben wir gezeigt, dass die Komplementärwahrscheinlichkeit \( 1 - \mathbb{P}\left(\limsup\limits_{n \rightarrow \infty} A_n\right) \) = 0 ist, womit folgt, dass \( \mathbb{P}\left(\limsup\limits_{n \rightarrow \infty} A_n\right) = 1 \), also die Behauptung.
Auch sei noch einmal angemerkt, dass die Abschätzung durch die \( e \)-Funktion ein wesentlicher Schritt in diesem Beweis ist, der es uns erst ermöglicht, von Summen zu Produkten überzugehen. Aufgrund des Produktes ist in diesem Teil des Lemmas auch die Unabhängigkeit unerlässlich.